Die Leute werden irgendwann vergessen, was du gesagt hast.
Die Leute werden sicher nicht vergessen, was du getan hast.
Aber die Leute werden nie vergessen, welches Gefühl du ihnen gegeben hast.
Eine Hommage
Es sind alle Reden gehalten worden, wir haben uns würdevoll und emotional von Herbert verabschiedet. Es ist hoffentlich wieder ein kleines Stück Normalität bei jedem eingezogen, auch wenn es wohl sehr schwerfällt. Ich hätte nie im Leben gedacht, dass mich sein völlig unerwarteter Tod so treffen würde und ich bin wahrlich nicht der Einzige, dem es so geht. Aus vielen persönlichen Gesprächen bzw. Chats habe ich erfahren, was Herbert für seine (Moto) Freunde bedeutet hat.
Herbert war ein außergewöhnlicher Mensch. Sein offenes Wesen, die sympathische sowie auch freundliche Art auf Menschen zuzugehen, war wohl das besondere, sehr einzigartige an ihm – denk ich mal. Zumindest empfinde ich es so.
Also möchte ich mir erlauben etwas zu Herbert schreiben.
Irgendwann im Spätwinter bzw. frühen Frühjahr 2010 begann die Planung für einen Kurztrip nach Frankreich. Alle scharren ungeduldig mit den Hufen und warten auf die ersten warmen Tage, Motorrad Fahrer sind so, da hilft auch kein Arzt. Die Auvergne sowie Cevennen waren grob das Ziel. Es wurde etwas hin und her geschrieben, man kannte sich ja nur zum Teil virtuell über ein Moto Forum. Glider, Mimoto, Ulli und ich erhoben zustimmend unsere Finger, also konnte Herbert nicht mehr nein sagen, was er auch gar nicht wollte.
Es war der Beginn einer sehr speziellen und einzigartigen Freundschaft zu Herbert, was man ja zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnte. Herbert war bis dahin schon viel mit dem Moto unterwegs gewesen, allerdings kaum in Frankreich. Sagen wir mal so, seine französischen Sprachkenntnisse waren auch bei den letzten gemeinsamen Touren sehr rudimentär, andere würden sagen tendenziell eher gegen null. Mehr als einmal musste ich mich über seine Aussprache und permanente Verwechslung von „Rue“ und „Route“ amüsieren. Aber er konnte, und das war viel wichtiger, in der PMU Bar irgendwo in einem kleinen Dorf im tiefsten Midi mit Charme, Hände und Füssen genau das bestellen, was er wollte. Das konnte er, der Menschenfänger. Was noch viel bemerkenswerter war, er hatte sich den Frankreich Virus eingefangen. Eigentlich vollkommen harmlos, aber leider auch absolut unheilbar. Verstehen jetzt wohl nur Moto Fahrer!?
Wir sind Touren gefahren, da würde manch einer den Kopf entsetzt schütteln. In einer Woche nach Süditalien und zurück, kein Problem mit ihm. Strömender Regen in den Abruzzen, lästig, aber nicht zu ändern. Ein ganzer Regentag, und es hat wirklich nur wie aus Kübeln geschüttet, im Jura rumfahren? Muss nicht sein, aber war nicht zu ändern. Die Klamotten trocknen wieder und die gesellige abendliche Runde im Restaurant war wieder durch gutes Essen und einem trockenen Roten geprägt. Das war eigentlich immer der wichtigste Punkt der Agenda.
Man kann es nicht oder nur sehr schwer in Worten ausdrücken. Freundschaft, was ist das? Man kann sich aufeinander verlassen, ist sicher nicht der richtige Ausdruck, das sind wohl Basics. Da er aktiver und überzeugter Bruchstrich Fahrer war und somit die BMW Winterschlaf hielt, haben wir uns im Winter kaum gesehen. Café Steinbruch in Duisburg waren wir mal, in Heidelberg nen Café getrunken, sowie etwas in der Stadt fotografiert, das war es eigentlich schon. Aber irgendwann begann dann die Moto Saison und man hat sich endlich wieder getroffen, kurz aber herzlich begrüßt und dann einfach weitergeredet, als wäre keine Pause dazwischen gewesen. Ich kenne nur wenige Menschen, mit denen das geht. Wenn das eine intensive, gute Freundschaft charakterisiert, dann war das sehr dicht an Perfetto.
Dann kam mal wieder ein spontaner abendlicher Anruf, andere Menschen sind schon lange zu Hause, Herbert sitzt noch im Büro und arbeitet. Naja, er war halt noch im Büro …. Wie es denn so geht, was macht der Job, alles klar? Sind die neuen Sigma Objektive für Canon Kameras wirklich so gut, lohnt sich die Investition in den Body der neuen 5D MK IV oder doch eher was spiegelloses von Sony? Männer halt, wie sie so sind, immer (noch) Spielkinder und haben ihre kostenintensiven Hobbies. Wie es denn meinen Kindern geht, ob meine Tochter Sina nicht bei ihm in der IT anfangen will, seine Alexandra macht jetzt eine Ausbildung. Themen gab es genug und eine Stunde telefonieren war schnell vorbei. Wir haben uns mehr oder weniger regelmäßig über die 10 Jahre ausgetauscht und ich weiss eigentlich sehr viel über seine Tochter sowie über seine Frau Maria. Leider habe ich beide nie persönlich kennengelernt. Das war wahrlich kein Small Talk, sondern wirkliches, ernstes Interesse, das gibt es wohl nur unter Freunden. Empathie ist das Zauberwort. Diese Telefonate werde ich sehr vermissen.
Sicher hatte Herbert auch seine Macken, Ecken und Kanten gehabt, wer hat die nicht, aber ist es nicht das, was auch eine Freundschaft ausmachen kann? Probleme werden besprochen, gelöst und mit einem trockenen Klingelberger abgeschlossen. Das gehört einfach dazu, ist halt wie im richtigen Leben. Sollte jetzt jemand anmerken, wir wären dem Alkohol zugeneigt gewesen. Stimmt, aber in Maßen und nicht in Massen. Meistens jedenfalls.
Da ich gar kein religiöser Mensch bin, glaube ich nicht an ein Wiedersehen, aber man hofft es doch irgendwie. Es fällt wirklich schwer für immer Abschied zu nehmen. Aber er wird neben mir sein, wenn ich in Thones/Savoyen im Restaurant des Hotels La Commerce eine Tartiflette esse und dazu den vorzüglichen Weissen der Region genieße. Wir waren da immer sehr gerne und nicht nur dort. Zum Schluss noch einen Absacker in Meyrieus, einer kleinen Stadt in den französischen Cevennen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen und erweitern. Wir waren beide mehr oder weniger aus dem gleichen Holz geschnitzt, nur fehlt mir jetzt halt ein Holzbein und ich werde alleine um die Ecken humpeln müssen.
Hätte Herbert die Wahl zwischen Himmel und Hölle, er würde sich für ein Weingut mit exzellenter Küche entscheiden. Leidenschaftlich mit dem Chef de Cuisine diskutieren, wie man die Calamari am besten füllt. Er liebte die spezielle Zubereitung der Meeresfrüchte bei seinem Lieblingsitaliener. Herbert war ein Genussmensch durch und durch und sei es nur, um ein Gelato Bergamotte in Gerace /Calabria zu essen. Das Ziel war der Weg oder war der Weg das Ziel?
Hege und Pflege die Reben auf deinem Weingut. Pass gut auf sie auf, sie können älter als 58 Jahre werden.
Ich komm dann mal vorbei, das dauert aber hoffentlich noch ne Weile. Es wird viel zu erzählen geben, aber die Zeit dazu wird dann unendlich sein. Wunderbare Aussichten!
Es war eine einzigartige und sehr intensive Zeit mit dir, mach es gut, mein geschätzter Freund.
DANKE!
Grüssle
Jojo